Sitzung: 07.11.2023 Ausschuss für Umwelt, Energie und Mobilität
Berichterstatter: Franziska Roos
Beschluss: mehrheitlich beschlossen
Abstimmung: Ja: 10, Nein: 3
Vorlage: 208/2023
Beschlussempfehlung:
Der Landkreis
Coburg befürwortet die Umsetzung des Förderprogrammes Klimaschutz. Die
Verwaltung wird beauftragt, die Rahmenbedingungen in Form von entsprechenden
Förderrichtlinien zu regeln. Zur Umsetzung des Förderprogramms sollen im
Haushalt 2024 insgesamt 350.000 € für fünf Fördergegenstände (Batteriespeicher,
Wallboxen, Sonderformen PV, PV-Heizstäbe und Mehrkosten Erdwärmesonde ggü.
Wärmepumpe) eingestellt werden.
Der Antrag wird in der Haushaltsberatungen für 2024 weiter und abschließend behandelt.
Sachverhalt
Der Antrag von
Kreisrat Rolf Rosenbauer vom 16.05.2023, ein landkreisweites einheitliches
Förderprogramm für den dezentralen Ausbau regenerativer Energienutzungskonzepte
zu erstellen, wurde am 27.06.2023 im Ausschuss für Umwelt, Energie und
Mobilität beraten und in den Geschäftsgang verwiesen.
Die Verwaltung hat
sich nun mit dem Antrag auseinandergesetzt und das „Förderprogramm Klimaschutz
Landkreis Coburg 2024“ erarbeitet. Dem Antrag ist der Wunsch zu entnehmen,
innovative und originelle Lösungen im Bereich des Klimaschutzes landkreisweit
zu unterstützen, sodass folgende Fördergegenstände herausgearbeitet wurden:
Erneuerbare Energie |
Heizung |
Mobilität |
Natur- und Artenschutz |
Kleinprojekte |
Batteriespeicher |
Mehrkosten
Erdwärmesonde ggü. Luft-Wärmepumpe |
Elektrofahrräder
und -roller |
Dachbegrünung |
Energiemana- |
Wallboxen |
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Entsiegelungs-maßnahmen |
Reparatur- |
Sonderformen
PV |
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Energie- |
PV-Heizstäbe |
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Programmbeschreibung:
Batteriespeicher: Um die Eigenverbrauchsquote in
Privathaushalten zu steigern und die Belastung des Stromnetzes zu reduzieren,
sollen Photovoltaikanlagen mit Batteriespeichern geplant oder nachgerüstet
werden. Vor allem bei Photovoltaikanlagen, die nach 20 Jahren aus der EEG-Förderung
herauskommen, soll die Anschaffung eines Batteriespeichers unterstützt werden,
damit die Anlagen weiterhin genutzt werden und einen Beitrag zur Energiewende
leisten. Gefördert werden sollen Batteriespeicher mit 100 €/kWh.
Wallboxen: Wallboxen zum Aufladen von Elektrofahrzeugen
sollen ebenfalls pauschal mit 250 € gefördert werden. Diese Förderung ist aber
nur dann sinnvoll, wenn zum Aufladen der Elektrofahrzeuge regenerativer Strom
genutzt wird. Die Anbindung einer Photovoltaik-Eigenverbrauchsanlage ist daher
unbedingt zu berücksichtigen.
Sonderformen PV: Die Förderung von Sonderformen von
erneuerbaren Energien, wie z.B. Fassaden-PV ist sinnvoll, da auf diesem Gebiet
die Informationsdichte gering und Investitionskosten sehr hoch sind. Fördergelder
sollen hier einen Anreiz schaffen, dass mehr Projekte geplant und umgesetzt und
so alltagstauglich werden. Gefördert werden die Mehrkosten einer
außergewöhnlichen PV-Anlage gegenüber einer herkömmlichen Aufdachanlage. Als
Referenz werden 1.000 €/kWp für eine herkömmliche PV-Anlage angesetzt.
Entstehen durch die Sonderform höhere Kosten von mehr als 25%, soll ein
Fördersatz von 250 €/kWp bis max. 2.000 € gewährt werden.
PV-Heizstab: Die Umwandlung von elektrischer Energie in
thermische Energie mittels eines Heizstabs, ist eine gute Möglichkeit um die
Erwärmung des Brauchwassers zu unterstützen. In den Sommermonaten kann so auf
einen zusätzlichen Energieträger wie bspw. Gas oder Öl verzichtet werden. Ob
sich ein Heizstab lohnt, hängt davon ab, wie hoch der Überschuss an erzeugtem
Strom in den Sommermonaten und wie groß der Heizstab ist, da mehrstufige
Heizstäbe sich auch bereits bei geringen Stromüberschüssen eignen. Optimal ist
die Kombination einer PV-Anlage mit einem Heizstab, wenn die Regelung des Heizstabes
durch ein intelligentes Energiemanagementsystem übernommen wird. Der
PV-Heizstab wird damit nur dann eingeschaltet, wenn die PV-Anlage den
Haushaltsstromverbrauch deckt und noch überschüssigen Strom produziert. Der
Zuschuss soll pauschal 150 € pro Heizstab betragen. Bei dieser Förderung ist
die Anbindung einer Photovoltaik-Eigenverbrauchsanlage nachzuweisen.
Mehrkosten Erdwärmesonde ggü.
Luft-Wärmepumpe: Eine
Erdwärmepumpe (Erdreich oder Grundwasser als Wärmequelle) benötigt vor allem
bei sehr niedrigen Außentemperaturen weniger Energie für die Wärmeerzeugung als
eine Luft-Wärmepumpe, da die Temperatur im Erdreich höher liegt als in der
Luft. Gefördert werden die Mehrkosten der Erschließungskosten einer
Erdwärmesonde gegenüber einer Luft-Wärmepumpe. Als Referenz werden 2.000 € Erschließungskosten für eine Luft-Wärmepumpe
angesetzt. Entstehen durch die Erdwärmepumpe höhere Kosten von mehr als 25%,
wird ein Fördersatz von 20% bis max. 10.000 € gewährt. Eine Förderung für
Erdkollektoren ist ausgeschlossen.
Elektrofahrräder und -roller: CO2-Emissionen durch
motorisierten Individualverkehr werden verringert, wenn (Kurz-)Strecken mit
einem elektrisch angetriebenen Fahrrad zurückgelegt werden. Daher werden der
Neukauf von Pedelecs und Lastenpedelecs pauschal mit 500 € gefördert. Da vor
allem in ländlichen Regionen häufig längere Strecken zurückgelegt werden
müssen, wird auch der Neukauf von Elektrorollern der Fahrzeugklassen L1e und
L2e pauschal mit 500 € gefördert.
Dachbegrünung: Begrünte Dächer wirken als
Wärme-/Kältepuffer und bieten so eine natürliche Wärmedämmung, d.h. im Winter
entweicht weniger Wärme, während im Sommer die Hitze besser draußen gehalten
wird. Außerdem tragen sie durch Wasserverdunstung und Wärmeabsorption zu einer
Reduzierung der Wärmeentwicklung im Sommer bei und verbessern die Luftqualität,
indem sie Feinstaub und Schadstoffpartikel aus der Luft filtern und CO2
binden. Die Mindestfläche soll 10 m² betragen und mit 10€/m² bis max. 600 €
gefördert werden.
Entsiegelungsmaßnahmen: Um die Versickerungsfähigkeit von Böden zu
steigern und dadurch höhere Sicherheit bei Starkregenereignissen zu haben,
werden Umbaumaßnahmen von versiegelnd wirkenden Schichten, wie Asphalt, Beton
oder Pflastersteinen, gefördert. Geeignete wasserdurchlässige Bodenbeläge sind
unter anderem Rasen, Schotterrasen, Holzhäcksel, Holzroste, Rasengittersteine
oder Pflaster mit offenen Zwangsfugen. Neben den Vorteilen des
Wassermanagements können vollständig entsiegelte Flächen (3,6 kg/m²) auch mehr
Kohlenstoff speichern als teilversiegelte (0,7 kg/m²) oder vollständig
versiegelte Flächen (0,2 kg/m²). Der Fördersatz soll ebenfalls 10€/m² bis max.
600 € betragen.
Energiemanagementsysteme für zu Hause: Ein Energiemanagementsystem (EMS) vernetzt
stromerzeugende Anlagen mit den steuerbaren Stromverbrauchern des Haushalts.
Das hilft dabei, mehr vom selbst erzeugten Strom zu nutzen und so unabhängiger
von Strom aus dem Netz zu sein: Eigenverbrauch und Autarkie werden gesteigert.
Zusätzlich helfen die meisten Systeme, durch die Visualisierung der
Energieströme die Erzeugung und den Verbrauch immer im Blick zu behalten. Damit
wird einerseits weniger Strom aus dem Netz bezogen und dadurch das öffentliche
Netz weniger belastet. Andererseits wird der Energieverbrauch grundsätzlich
gesenkt. Gefördert werden sollen die Kosten des Energiemanagementsystems mit
25 % bis max. 200 €.
Reparaturservice: Entsorgte Produkte in der EU sind häufig
noch gebrauchsfähige Waren, die repariert werden können, aber oft vorzeitig
weggeworfen werden, was jährlich 35 Mio. Tonnen Abfall, 30 Mio. Tonnen
verschwendeter Ressourcen und 261 Mio. Tonnen Treibhausgasemissionen zur Folge
hat (https://ec.europa.eu/commission/presscorner/detail/de/ip_23_1794). In den meisten Fällen ist eine Reparatur
ggü. einem Neukauf aufgrund der niedrigen Preise für Klein-Elektrogeräte nicht
wirtschaftlich. Eine Förderung von Reparaturkosten ist sinnvoll, um Reparaturen
finanziell lukrativ zu machen und umweltschonend Ressourcen einzusparen. Da
zwischen der Reparatur und der Neuanschaffung energieeffizienter Elektrogeräte
abgewägt werden muss, werden Reparaturen für Elektrogeräte, die älter als 20
Jahre sind, nicht gefördert. Die Höhe der Kostenerstattung soll 50% bis max.
100 € pro Person und Jahr betragen.
Energieeffiziente Haushaltsgeräte: Die Reparatur eines Elektrogerätes soll dem
Neukauf immer vorgezogen werden. In manchen Fällen ist dies nicht möglich oder
trotz Förderung nicht wirtschaftlich, sodass ein Neugerät angeschafft werden
muss. Wenn das der Fall ist, soll die höchstmögliche Energieeffizienzklasse
gewählt werden. Da das oft höhere Investitionskosten zur Folge hat, wird die
Anschaffung unterstützt. Gefördert werden nur Neugeräte mit einer
Effizienzklasse A (Skala ab 2021). Die pauschale Förderhöhe soll 75 €
betragen.
Um den Anregungen aus der Beratung des Ausschusses für Umwelt, Energie
und Mobilität vom 27.06.2023 Rechnung zu tragen, wird in diesem Förderprogramm
davon abgesehen, Balkonkraftwerke zu fördern. Zum einen möchte man negative
Auswirkungen auf bestehende Förderprogramme in Landkreiskommunen vermeiden.
Daneben ist die Nachfrage nach Balkonkraftwerke auch ohne finanzielle
Unterstützung sehr hoch und Kaufanreize aktuell sehr niederschwellig (z.B.
Angebote in Discountern). Zum anderen soll so – insbesondere auch auf Anregung
aus o.g. Sitzung – den Interessen der regionalen Energieversorger Rechnung
getragen werden.
Ebenfalls gewünscht war, Beträge für eine mögliche Förderung zu eruieren,
sodass dem Gremium nunmehr vier Varianten zur Entscheidung vorgeschlagen
werden. Diese unterscheiden sich zum einen im Fördervolumen (Varianten 1 und 2:
1.000.000 €; Varianten 3 und 4: 500.000 €). Daneben wir differenziert,
inwieweit Energiemanagementsysteme Gegenstand des Förderprogrammes sein sollen
(Varianten 1 und 3: Inkl. Energiemanagementsysteme; Varianten 2 und 4: Exkl.
Energiemanagementsysteme). Diese werden von Seiten der Verwaltung zwar für
sinnvoll und zukunftsträchtig erachtet; es gilt jedoch festzustellen, dass
diese auch auf Bundesebene auf gleiche Weise gefördert werden.
Zu
Überblickszwecken werden in den Anlagen die Berechnungen zu den Fördersätzen
sowie die Haushaltsbelastung für jede der Varianten zusammengefasst.
Nicht unerwähnt
bleiben darf hierbei, dass die ausgearbeiteten Maßnahmen in nicht unerheblichem
Ausmaß zur CO2-Einsparung beitragen. Um einen Eindruck von der
Wirkung der einzelnen Fördergegenstände bzw. der verschiedenen Fördervolumina
zu erhalten, sei ebenfalls auf die Anlagen verwiesen.
Da die
Personalressource „Klimaschutzmanagerin“ mit einer Vollzeitstelle begrenzt ist,
sind die Förderkriterien möglichst einfach zu halten und erschöpfen sich, wo
möglich und sinnvoll, auf Pauschalförderungen. Aufgrund der vorgegebenen
Budgetierung und unter Berücksichtigung der Gesamtfördersumme wird bei einem
Überschuss an Anträgen auf das sog. Windhundprinzip abgestellt, sodass der
Eingangszeitpunkt des Förderantrages maßgeblich ist. Der Nachweis soll aufgrund
der digitalen Antragstellung durch die IuK ermöglicht werden. Antragsberechtigt
sollen alle
Bürgerinnen und Bürger sein, die ihren Erstwohnsitz im Einzugsgebiet des
Landkreises Coburg haben sowie gemeinnützig anerkannte Vereine. Die konkrete
Ausgestaltung wird in den Förderrichtlinien erfolgen.
Aus der Beratung
Kreisrat Rolf Rosenbauer dankt als Antragssteller für die Ausarbeitung. Seiner Meinung nach sollte man sich auf die Varianten fokussieren, die die höchste Effizienz bringen.
Das Gremium diskutiert ausführlich über die vorgeschlagenen Möglichkeiten.
Landrat Sebastian Straubel weißt nochmals darauf hin, dass dieses Programm Geld und personelle Ressourcen bindet und es sich hier um eine rein freiwillige Leistung handelt.